Überblick: Bauen in Portugal
- Marlene Sennewald Sippel

- 3. Okt.
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 7. Okt.
Gesetzliche Grundlagen, kommunale Vorschriften und rechtliche Praxis
Portugal gilt als attraktiver Standort für Bauherren und Immobilieninvestoren. Gleichzeitig sind die rechtlichen Anforderungen an Bauvorhaben komplex und stark durch lokale Gegebenheiten geprägt. Wer in Portugal bauen möchte, muss sich nicht nur mit dem nationalen Baurecht vertraut machen, sondern auch mit den kommunalen Raumordnungsplänen sowie deren praktischer Umsetzung durch die Gemeinden.
Gesetzliche Grundlage
Die rechtliche Basis für Bau- und Urbanisierungsmaßnahmen bildet das portugiesische Gesetz Decreto-Lei Nr. 555/99 vom 16. Dezember (Regime Jurídico da Urbanização e da Edificação – RJUE) in seiner jeweils gültigen Fassung. Es wurde zuletzt durch das Decreto-Lei Nr. 10/2024 vom 8. Januar ergänzt, das eine umfassende Reform und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren im Bereich Städtebau, Raumordnung und Industrie zum Ziel hatte.
Im Rahmen des Regierungsprogramms SIMPLEX verfolgt Portugal eine Politik des „Licenciamento Zero“ – also der Abschaffung von Genehmigungspflichten und Verwaltungsakten, die keinen relevanten Mehrwert für das öffentliche Interesse bieten.
Kommunale Raumordnungspläne
Die konkrete Bebaubarkeit eines Grundstücks wird auf kommunaler Ebene durch drei zentrale Planungsinstrumente geregelt:
Plano Diretor Municipal (PDM): Definiert übergeordnete Nutzungszonen wie Wohn-, Landwirtschafts- oder Naturschutzgebiete.
Plano de Urbanização (PU): Enthält detaillierte Vorschriften für städtische Gebiete mit hoher Bebauungsdichte.
Plano de Pormenor (PP): Legt präzise Vorgaben für einzelne Grundstücke fest, einschließlich Straßenprofilen, Baumaterialien und Gebäudestrukturen.
Ergänzend dazu existieren sogenannte Unidades de Execução (UE) – Instrumente zur Umsetzung der im Raumordnungsplan definierten Entwicklungsziele innerhalb eines klar abgegrenzten räumlichen Bereichs.

Die zwei zentralen Verfahren: Baugenehmigung und Vorherige Meldung
1. Licença de Construção – Die klassische Baugenehmigung
Eine Baugenehmigung ist erforderlich für:
Bauvorhaben in Gebieten ohne ausreichend detaillierte Regelwerke, aus denen sich die baurechtlichen Vorgaben eindeutig ableiten lassen (ausgenommen reine Wiederaufbaumaßnahmen).
Arbeiten an denkmalgeschützten Immobilien oder solchen mit laufendem Schutzverfahren sowie an Gebäuden in entsprechenden Schutzgebieten.
Wiederaufbaumaßnahmen, die eine Erhöhung der Fassadenhöhe bewirken.
Abrissarbeiten, sofern keine genehmigte Wiederaufbaumaßnahme vorliegt.
Bau-, Erweiterungs- oder Abrissmaßnahmen in Gebieten mit besonderen öffentlichen Einschränkungen oder Nutzungsauflagen.
Bauvorhaben, die zur Entfernung von Fassadenfliesen führen.
Verfahrensablauf:
Einreichung eines vollständigen Bauantrags mit allen Projektunterlagen.
Prüfung durch die Gemeinde und ggf. Einholung von Stellungnahmen zuständiger Fachbehörden.
Öffentliche Bekanntmachung und Beteiligung Dritter (z. B. bei Parzellierungsmaßnahmen die bestimmte Parameter überschreiten).
Erteilung der Genehmigung, ggf. mit Auflagen.
Nach Antragstellung prüft die Gemeinde die Vollständigkeit der Unterlagen und kann den Antragsteller innerhalb von 15 Werktagen einmalig zur Korrektur oder Ergänzung auffordern.
Fachprojekte (z. B. Statik, Wasser- und Abwassertechnik, Elektroinstallation) können direkt mit dem Bauantrag eingereicht werden. Üblicherweise erfolgt dies jedoch in einer zweiten Phase nach Genehmigung des Architekturprojekts. In diesem Fall beträgt die Frist zur Nachreichung sechs Monate.
Die gesetzlich festgelegten Gesamtfristen für Prüfung und Entscheidung durch die Gemeinde liegen – abhängig von der Baufläche – zwischen 120 und 200 Werktagen. Wird der Antragsteller zur Nachbesserung aufgefordert, kann diese Frist ausgesetzt werden. Auch wird diese Frist ausgesetzt, solange die Frist für die Einreichung der Fachprojekte läuft.
Wird die Frist für die Entscheidung des Bauantrages überschritten, gilt der Antrag als stillschweigend genehmigt. Vorsicht: Auch eine solche Genehmigung kann nachträglich für nichtig erklärt werden, wenn sie gegen geltendes Städtebaurecht verstößt.
2. Comunicação Prévia – Die vorherige Meldung
Dieses vereinfachte Verfahren gilt für:
Bauvorhaben in Gebieten mit ausreichend detaillierten Regelwerken, die die anwendbaren baurechtlichen Vorgaben ausreichend konkretisieren.
Bau-, Außenänderungs- oder Erweiterungsmaßnahmen in bereits bebauten Stadtgebieten, sofern sie den Raumordnungsplänen entsprechen und die Gebäudehöhe nicht über der üblichen Fassadenhöhe der angrenzenden Häuser liegt – gemessen zwischen den beiden nächstgelegenen Querstraßen.
Bau von mit dem Hauptgebäude verbundenen Swimmingpools.
Verfahrensablauf:
Einreichung der vollständigen Projektunterlagen.
Zahlung der Gebühren.
Sofortiger Baubeginn möglich, sofern alle Unterlagen vollständig sind.
Falls der Gemeinde externe Gutachten erforderlich sind, müssen diese bereits mit den Projektunterlagen eingereicht werden.
Die Gemeinde prüft die Vollständigkeit des eingereichten Antrages und kann den Antragsteller innerhalb von 15 Werktagen einmalig zur Nachbesserung auffordern.
Bei der Comunicação Prévia wird keine formelle Genehmigung erteilt – die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit liegt beim Bauherrn und den Fachleuten.
Alle geltenden baurechtlichen Vorschriften sind auch hier zu beachten. Die verantwortlichen Fachleute müssen die Einhaltung der Vorschriften schriftlich bestätigen. Die Gemeinde kann nachträgliche Kontrollen durchführen.
Wichtig: Ist ein Bauvorhaben gesetzlich für das Verfahren der „Comunicação Prévia“ vorgesehen, darf der Bauherr nicht freiwillig das aufwendigere Genehmigungsverfahren beantragen. Ziel dieser Regel ist die Reduzierung bürokratischer Hürden und die Vereinheitlichung der Verfahren im Sinne einer effizienten Verwaltung.
Abschluss der Bauarbeiten
Nach Fertigstellung eines genehmigungspflichtigen Bauvorhabens ist bei der Gemeinde eine Erklärung einzureichen, unterzeichnet vom Bauleiter oder Kontrollleiter, die bestätigt, dass die Arbeiten abgeschlossen und gemäß dem genehmigten Projekt ausgeführt wurden.
Wurden Änderungen am ursprünglichen Projekt vorgenommen, sind zusätzlich die finalen Pläne mit klarer Kennzeichnung der Änderungen einzureichen.
Nach Vorlage dieser Unterlagen kann das Gebäude unmittelbar genutzt werden.

Weitere Verfahren im portugiesischen Baurecht
Vorherige Meldung mit Frist
Neben den klassischen Verfahren der Baugenehmigung (Licença de Construção) und der vorherigen Meldung (Comunicação Prévia) existiert in Portugal ein weiteres vereinfachtes Verfahren:
Comunicação Prévia com Prazo – Vorherige Meldung mit Frist
Dieses Verfahren findet Anwendung in folgenden Fällen:
Änderung der Nutzung eines Gebäudes oder Gebäudeteils – oder von Angaben in einer bereits erteilten Nutzungsgenehmigung – sofern keine genehmigungspflichtige bauliche Maßnahme vorausgeht.
Erstmalige Nutzung neuer Gebäude oder Gebäudeteile nach Bauarbeiten, die keiner Genehmigungspflicht unterlagen.
Es ist eine Verantwortungserklärung einer Person, die die Befugnisse hat, Projektleiter zu sein, einzureichen, in der bestätigt wird:
Dass die beabsichtigte Nutzung mit den geltenden gesetzlichen und behördlichen Vorschriften im Einklang steht, insbesondere hinsichtlich der zulässigen Nutzungsarten;
Dass das Gebäude oder die betreffende Gebäudeeinheit für den vorgesehenen Zweck geeignet ist – auch im Fall einer gemischten Nutzung.
Nach Eingang der Erklärung hat die Gemeinde das Recht, innerhalb von 20 Tagen eine Inspektion anzuordnen. Diese kann entweder in einer formellen Konformitätserklärung münden oder zur Anordnung von Anpassungsmaßnahmen führen.
Erfolgt innerhalb der genannten Frist keine Anordnung einer Inspektion, gilt die Nutzung als genehmigt und kann unmittelbar aufgenommen werden.
Genehmigungsfreie Baumaßnahmen in Portugal
Was ohne Baugenehmigung möglich ist
Mit dem Decreto-Lei Nr. 10/2024 wurde die Liste genehmigungsfreier Baumaßnahmen deutlich erweitert.
Beispiele genehmigungsfreier Maßnahmen:
Erhaltungsarbeiten wie Reparaturen oder Instandhaltungen ohne bauliche Veränderungen.
Innenumbauten, die die Stabilität des Gebäudes nicht beeinträchtigen, sowie Außenarbeiten, die Gebäudehöhe, Fassadenform und Dachform nicht verändern und keine Fassadenfliesen entfernen.
Wiederaufbau oder innere Erweiterungen, sofern die Fassadenhöhe unverändert bleibt – auch wenn zusätzliche Stockwerke oder mehr Nutzfläche entstehen.
Baumaßnahmen mit positiver Stellungnahme im Rahmen einer detaillierten Bauvoranfrage (Pedido de Informação Prévia – PIP) – hier hat die Gemeinde im Rahmen des PIP bereits die städtebauliche Zulässigkeit geprüft.
Abriss illegal errichteter Gebäude.
Errichtung kleiner Gebäude oder Anbauten, direkt am Hauptgebäude oder freistehend, mit maximal 2,2 m Höhe (alternativ so hoch wie das Erdgeschoss des Hauptgebäudes) und bis zu 10 m² Fläche – sofern sie nicht an öffentliche Straßen grenzen.
Bau von Einfriedungsmauern bis zu 1,8 m Höhe (z. B. Gartenmauern), sofern sie nicht an öffentliche Straßen grenzen, sowie Stützmauern bis zu 2 m Höhe, solange sie das Gelände nicht wesentlich verändern.
Kleine Gewächshäuser im Garten mit einer Höhe unter 3 m und einer Fläche bis zu 20 m².
Spiel- oder Freizeiteinrichtungen, die zum Hauptgebäude gehören und kleiner sind als dieses.
Neben den national geregelten Ausnahmen steht es jeder Gemeinde frei, weitere genehmigungsfreie Baumaßnahmen durch kommunale Verordnungen festzulegen.
Wichtig: Auch genehmigungsfreie Bauvorhaben müssen alle geltenden baurechtlichen Vorschriften einhalten. Bei relevanten Baumaßnahmen, insbesondere solcher die die Gebäudestruktur betreffen, empfiehlt es sich, einen Architekten oder Bauingenieur hinzuzuziehen, der das Projekt fachlich begleitet und die Einhaltung der Vorschriften schriftlich bestätigt. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Gemeinde vor Beginn der Ausführung über das Bauvorhaben in Kenntnis gesetzt werden muss.

Begriffsdefinitionen im portugiesischen Baurecht
Wiederaufbau, Veränderung und Vergrößerung
Für die korrekte Einordnung eines Bauvorhabens ist das Verständnis folgender Begriffe entscheidend:
Wiederaufbau: Bauarbeiten nach vollständigem oder teilweisem Abriss eines bestehenden Gebäudes, die zur Wiederherstellung der Fassadenstruktur führen. Umstritten ist, wie viele und in welchem Ausmaß die Außenwände rekonstruiert werden müssen – die Auslegung variiert je nach Gemeinde.
Veränderung: Bauarbeiten, die physische Eigenschaften eines Gebäudes oder Gebäudeteils verändern – etwa die tragende Struktur, die Anzahl der Wohneinheiten oder Innenräume, die Art oder Farbe der Außenverkleidung – ohne dass sich Grundfläche, Gesamtfläche oder Fassadenhöhe vergrößern.
Vergrößerung: Bauarbeiten, die zu einer Erweiterung der Grundfläche, der Gesamtbaufläche, der Fassadenhöhe oder des Volumens eines bestehenden Gebäudes führen.
Die Bauvoranfrage – Pedido de Informação Prévia (PIP)
Die Bauvoranfrage ist ein bewährtes Instrument zur Klärung der Zulässigkeit eines konkreten Bauvorhabens im portugiesischen Baurecht. Sie dient insbesondere dazu, Unsicherheiten bei der Auslegung kommunaler Vorschriften zu vermeiden und frühzeitig Planungssicherheit zu schaffen.
Wird eine „detaillierte“ Bauvoranfrage eingereicht – also mit sämtlichen erforderlichen Unterlagen – kann eine positive Stellungnahme der Gemeinde die spätere Einreichung eines Bauantrags entbehrlich machen.
Bemerkenswert ist, dass eine Bauvoranfrage auch von Personen gestellt werden kann, die weder Eigentümer der betreffenden Immobilie sind noch über ein anderes dingliches Recht daran verfügen. In solchen Fällen werden der Eigentümer sowie etwaige Inhaber anderer dinglicher Rechte über die Antragstellung informiert.
Verfahrensablauf:
Einreichung einer allgemeinen oder einer detaillierten Bauvoranfrage
Prüfung der Vollständigkeit durch die Gemeinde; innerhalb von 15 Werktagen kann einmalig zur Nachbesserung aufgefordert werden.
Gegebenenfalls Einholung von Stellungnahmen zuständiger Fachbehörden.
Entscheidung der Gemeinde, binnen
20 Werktagen bei einer allgemeinen Anfrage
30 Werktagen bei einer detaillierten Anfrage
Die Frist beginnt mit:
Eingang der Nachbesserung des Antrags bei der Gemeinde
Eingang der Stellungnahmen oder Genehmigungen der Fachbehörden
Ablauf der Frist zur Stellungnahme oder Genehmigungserteilung durch die Fachbehörden.
Die Entscheidung der Gemeinde über die Bauvoranfrage entfaltet Bindungswirkung gegenüber den zuständigen Behörden – sowohl im Rahmen eines späteren Bauantrags als auch bei der nachträglichen Prüfung der ausgeführten Baumaßnahmen. Diese Bindungswirkung gilt grundsätzlich für zwei Jahre und kann auf Antrag um ein weiteres Jahr verlängert werden, sofern die rechtlichen und faktischen Voraussetzungen, die der positiven Stellungnahme zugrunde lagen, unverändert geblieben sind.

Modulares Bauen in Portugal
Auch modulare, vorgefertigte oder transportable Gebäude mit dauerhaftem Charakter unterliegen den gleichen Genehmigungspflichten wie konventionelle Bauwerke.
Modulare oder vorgefertigte Gebäude mit dauerhaftem Charakter sind hierbei definiert als Bauwerke, die aus modularen Baukomponenten oder -systemen bestehen – strukturell oder nicht-strukturell –, ganz oder teilweise industriell gefertigt und entweder vorab miteinander verbunden oder erst am Standort montiert, unabhängig davon, ob sie mobil oder transportabel sind.
Die Mobilität oder Bauweise entbindet nicht von der Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften und der eventuellen Notwendigkeit der Einholung einer Baugenehmigung oder einer vorherigen Mitteilung, je nach Einzelfall.

Fazit: Drei Schritte zur rechtssicheren Bauplanung in Portugal
Jedes Bauvorhaben in Portugal sollte im Voraus sorgfältig rechtlich geprüft werden, um spätere Konflikte mit Behörden oder Nachbarn zu vermeiden. Die folgenden drei Ebenen der Prüfung sind entscheidend:
1. Zulässigkeit prüfen
Ist das geplante Bauvorhaben nach den anwendbaren Regelwerken zulässig?
2. Genehmigungspflicht klären
Ist das Bauvorhaben genehmigungspflichtig? Wenn ja, welches Verfahren ist anzuwenden – die klassische Licença de Construção, die vereinfachte Comunicação Prévia oder die Comunicação Prévia com Prazo?
3. Vorschriften beachten
Welche baurechtlichen Vorschriften müssen bei der Planung und Ausführung eingehalten werden – etwa zu Statik, Brandschutz, Energieeffizienz oder Denkmalschutz?
Des Weiteren sind strategische Entscheidungen zu treffen – zB, ist es sinnvoll eine Bauvoranfrage zu stellen?
Entscheidend ist auch die Zusammenarbeit mit den richtigen Fachleuten, die mit den Regelwerken und der Praxis der jeweiligen Gemeinde vertraut sind.
Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Bauvorhaben in Portugal. Für die rechtliche Bewertung konkreter Einzelfälle ist stets eine individuelle Prüfung erforderlich.
Die dargestellten Inhalte spiegeln die aktuelle Gesetzeslage wider und sollen zur Orientierung bei der rechtlichen Planung von Bauprojekten in Portugal beitragen. Kommunale Besonderheiten und zukünftige Gesetzesänderungen sind stets zu berücksichtigen.

